
Rassismus in Deutschland ist auch 2023 auf dem Vormarsch – die AfD gewinnt an Zulauf, struktureller Rassismus findet sich in polizeilichen oder gerichtlichen Ermittlungsverfahren sowie bei der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche.
Bedrohungen von Rechts sind keine Einzelfälle, sondern institutionell verankert.
Serpil Polat und Cihan Sinanoğlu vom NaDiRa, Herausgebende des Buchs »Rassismusforschung I«, sprechen mit den Hosts Julia Bauer und Felicitas Friedrich über Rassismusforschung, die Verknüpfung von Forschung und Politik – und was trotz des virulenten Rassismus in der Gesellschaft Hoffnung macht.
Einer der tödlichsten rechtsextremistischen Angriffe in der Geschichte der BRD jährte sich am 29. Mai 2023 zum 30. Mal: 1993 kamen bei einem Brandanschlag in Solingen fünf Personen ums Leben. Auch die jüngere Vergangenheit ist geprägt durch rechtsterroristische Anschläge wie jene in Hanau, Halle, oder der NSU-Mordserie.
Unsere weiteren Gäste Birgül Demirtaş und Çağrı Kahveci berichten aus den Interviews, die sie für den Sammelband »Solingen. 30 Jahre nach dem Brandanschlag« mit Überlebenden des Attentats geführt haben – bewegende Schilderungen, die zum Teil sehr explizit werden. Ferner verdeutlichen sie, weshalb es nicht reicht, sich vom Rechtsextremismus zu distanzieren – und eigene rassistische Denk- und Verhaltensmuster unbewusst beizubehalten.

Serpil Polat ist seit März 2022 Referentin für Outreach und Transfer am DeZIM-Institut und verantwortlich für die Vermittlung der DeZIM-Forschung in den öffentlichen und politischen Raum. Ihre fachliche Expertise liegt in den Feldern Diversität, Rassismuskritik, (Post-)Migration, De-/Postcolonial Studies, Biografien sowie Subjekttheorien und Erinnerungskulturen.
Zudem betreut sie den Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor, kurz NaDiRa, unter dessen Herausgeberschaft »Rassismusforschung I« entstanden ist.
Cihan Sinanoğlu ist Sozialwissenschaftler und leitet seit Oktober 2020 am DeZIM-Institut die Geschäftsstelle des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa). Zuvor war er als Presse- und Öffentlichkeitsreferent bei der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V. tätig. Zuletzt leitete er als Geschäftsführer den Begleitausschuss der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen. Dieser veröffentlichte im September 2020 die »Anti-Rassismus Agenda 2025« mit Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus.


Birgül Demirtaş, Zeitzeugin des Solinger Brandanschlags, studierte Sozialpädagogik/Soziale Arbeit sowie Empowerment Studies und veröffentlichte im Rahmen von Re_Struct (IDA-NRW) rassismuskritische schulische und außerschulische Bildungsmaterialien zum Solinger Brandanschlag.
Çagri Kahveci, geb. 1979, ist Sozialwissenschaftler, lehrte Soziologie und war bei Allmende e.V. engagiert. Seine Arbeitsschwerpunkte sind kritische Migrationsforschung, Rassismus/Antirassismus, transnationale Mobilität und Affektforschung.
Rassismusforschung I ↗
Theoretische und interdisziplinäre Perspektiven
Rassismus ist Realität – auch in der pluralen Gesellschaft Deutschlands. Doch was braucht es, um Rassismus zu erfassen, zu erforschen und politische sowie zivilgesellschaftliche Antworten auf ihn zu finden? Die Beiträger*innen liefern einen interdisziplinären Überblick zu grundlegenden Perspektiven, Theorien und Forschungsansätzen für eine zeitgemäße Rassismusforschung. Die im Rahmen des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) entstandenen Analysen bieten unverzichtbare und einzigartige Erkenntnisse zu Ursachen, Ausmaß und Folgen des Rassismus in Deutschland.
Birgül Demirtas / Adelheid Schmitz / Derya Gür-Seker / Çagri Kahveci (Hg.)
Solingen, 30 Jahre nach dem Brandanschlag ↗
Rassismus, extrem rechte Gewalt und die Narben einer vernachlässigten Aufarbeitung
Der rassistische Brandanschlag in Solingen jährt sich 2023 zum 30. Mal. Eine fachliche, gesellschaftspolitische und wissenschaftliche Auseinandersetzung ist bisher jedoch kaum erfolgt. Die Beiträger*innen ordnen die Geschehnisse und Zusammenhänge um den Mordanschlag kritisch ein und diskutieren seine Nachwirkungen und Folgen aus unterschiedlichen Perspektiven reflexiv. Neben zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Stimmen kommen auch Überlebende und Angehörige der Familie Genç sowie andere Betroffene rassistischer und extrem rechter Gewalt zu Wort.
Konzept, Skript + Redaktion:
Julia Bauer, Felicitas Friedrich,
Jenso Scheer, Kai Reinhardt
Produktion:
Julia Bauer
Unterstützung Technik:
Jürgen Schilke,
Arne Ruis
Grafik:
Maria Arndt