bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe / Nivedita Prasad (Hg.) ↗
Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung ↗
Formen und Interventionsstrategien
Digitale Gewalt kommt nicht nur im öffentlichen Raum vor, sondern auch in privaten Beziehungen – und hat in Kombination mit häuslicher und sexualisierter Gewalt eine deutlich geschlechtsspezifische Komponente. Durch Informations- und Kommunikationstechnologien haben Gewaltformen wie Doxing, Stalking, Hate Speech und Online-Belästigung und -Bedrohung stark zugenommen und durch die Nutzung des Internets ihre Wirkmächtigkeit verstärkt.
Die Beiträger*innen des Bandes liefern für den Umgang mit diesen Gewaltformen grundlegende interdisziplinäre Analysen und diskutieren sowohl juristische, technische und aktivistische Interventionen als auch Erfahrungen aus der Beratungspraxis. Dabei werden zentrale politische Änderungsbedarfe ausgemacht und entsprechende Handlungsoptionen aufgezeigt.
Der Band ist im Open Access verfügbar.
Wer ist von geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt betroffen?
Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland immer noch ein großes gesamtgesellschaftliches Problem – auch im digitalen Raum. Die (Ex)-Partnerschaftsgewalt und sexualisierte Gewalt digitalisieren sich zunehmend. Seit Jahren lässt sich ein Anstieg geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt in den verschiedensten Formen erkennen: Stalking und die Anwendung von Spionage-Software, heimliches Filmen und sogenannte Deepfakes, wo Bilder der Betroffenen auf pornografische Inhalte gefaked werden. Auch das Kontrollieren von Cloud-Diensten, Hacking oder auch Identitätsdiebstahl. Im sozialen Nahraum sind Frauen besonders von digitaler Gewalt betroffen; der Täter ist den Betroffenen also oft durchaus bekannt, weil sie eine Beziehung mit ihm haben oder hatten oder aber auf ein Beziehungsbegehren nicht positiv reagierten. Hier wirken zum einen Dynamiken, die aus der Erfahrung mit analoger Gewalt bekannt sind, erschwerend kommt aber hinzu, dass die Wirkmächtigkeit der Gewalt durch die schnelle, breite und fast kostenlose Verbreitung zunimmt. Auch kann sehr belastend sein, dass Spuren der Gewalt im Netz »verewigt« werden können.
Bei öffentlichen Personen, oder Personen, die politische Arbeit leisten und/oder Personen die im gesellschaftlich umkämpften Bereichen arbeiten (z.B. Fachberatungsstellen oder Frauenhäusern) sind neben trans, nonbinäre, queeren Personen auch Menschen mit Mehrfachzugehörigkeiten, wie beispielsweise Frauen mit Rassismuserfahrungen oder trans Personen mit Behinderungen von digitaler geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen.
Wo sehen Sie Handlungsbedarf zur Bekämpfung von digitaler Gewalt gegen Frauen und Queers?
Geschlechtsspezifische Gewalt tritt zunehmend auch in digitalisierter Weise auf. Dennoch gibt es so gut wie keine Publikationen dazu. Das ändert sich jetzt! Das neue Grundlagenwerk »Geschlechtsspezifische Gewalt in Zeiten der Digitalisierung« soll dazu beitragen, dass Betroffene und ihr Umfeld, aber auch Strafverfolgungsbehörden und Politik digitale Gewalt als solche erkennen und entsprechend intervenieren.
Wo finde ich Hilfe nach digitaler Gewalt?
Wir raten immer, mit Expert*innen, mit Beraterinnen aus den Frauenberatungsstellen und Frauennotrufen über das Erlebte zu sprechen. Die Beraterinnen können den Betroffenen dabei helfen Handlungsoptionen aufzeigen, hierzu gehört psychosoziale Beratung, technische Unterstützung und auch juristische Beratung.
Wichtig ist zu wissen, dass eine Fachberatungsstellen nichts ohne die Einwilligung der Betroffenen tut. Eine Beratung ist auch anonym möglich. Das ist für Betroffene wichtig: Ihre Selbstbestimmung wird respektiert. Sie sind handelndes Subjekt. Das empowert und unterstützt die Betroffenen nach einer Gewalterfahrung, bei der viele sich schutzlos, passiv und ausgeliefert fühlen.
Das bundesweite Hilfs- und Beratungsangebot findet man hier ↗ .
Hier ↗ gibt es konkrete Sicherheitshinweise für Betroffene und ihre Unterstützer*innen.