Seit mehr als 100 Jahren wird der Internationale Frauentag gefeiert. Am 8. März demonstrieren Frauen und Queers auf der ganzen Welt für geschlechtliche Gleichberechtigung, gegen Gewalt und Frauenmorde sowie für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung und die gesellschaftliche Anerkennung von Care-Arbeit. Auch den verheerenden Folgen von Klimakrise und Rassismus sowie kolonialen Kontinuitäten wird in intersektionalen Bündnissen der Kampf angesagt.
An Einfluss gewinnende rechtspopulistische Parteien attackieren sexuelle Minderheiten, Feministinnen und die Geschlechterforschung: So werden in Osteuropa sexuelle und andere Minderheiten auch auf staatlicher Ebene sukzessive aus der Gesellschaft ausgeschlossen und die Genderforschung systematisch attackiert. Eine breite Allianz aus religiösen und rechten Akteur*innen mobilisiert europaweit unter dem Banner des Anti-Genderismus gegen die Disziplin und in ihr beheimatete Forscher*innen.
Auch die Corona-Pandemie verschärft die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Insbesondere Frauen arbeiten in systemrelevanten und oftmals unterbezahlten Berufen, die in dieser Krise von Kurzarbeit und Freistellung geprägt sind. Neben finanziellen Nöten werden Frauen zudem häufig durch häusliche Sorgearbeit doppelt belastet.
Unsere Autorin Gabriele Winker erläutert in ihrem aktuellen Buch Solidarische Care Ökonomie ↗ die krisenhafte Situation von Care-Arbeit und Klima und wie dies systematisch zusammenhängt.
Anlässlich des internationalen Frauentags empfehlen wir feministische Lektüren aus unserem geschlechterwissenschaftlichen Programm zu den drängenden Fragen unserer Zeit.
Sonja A. Strube ↗/ Rita Perintfalvi ↗/ Raphaela Hemet ↗/ Miriam Metze / Cicek Sahbaz ↗ (Hg.)
Anti-Genderismus in Europa
Allianzen von Rechtspopulismus und religiösem Fundamentalismus. Mobilisierung – Vernetzung – Transformation
»Dieser wissenschaftliche Band ist politisch hochaktuell: Selbst in EU-Staaten werden ›LGBTI-freie Zonen‹ ausgerufen, Trans*menschen ihrer rechtlichen Anerkennung beraubt, gibt es ideologisch motivierte Vorbehalte gegen die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Anti-Genderismus schlägt sich als Hatespeech im Netz nieder, bestimmt aber auch das Regierungshandeln illiberal, autokratisch oder rechtspopulistisch regierter Staaten. Er stellt letztlich das Konzept menschenrechtsbasierter Demokratie grundlegend infrage.«
Die Herausgeberinnen
Solidarische Care-Ökonomie
Revolutionäre Realpolitik für Care und Klima
»Sorgearbeit, insbesondere die unentlohnte Arbeit in Familien, wird weitgehend ignoriert und viel zu wenig unterstützt. Sie scheint ebenso wie die natürlichen Ressourcen unbegrenzt zur Verfügung zu stehen. Dies führt zu menschlicher Erschöpfung und ökologischen Katastrophen. Eine solidarische Care-Ökonomie muss daher der Unterstützung von Sorgearbeit und dem Stopp der Klimazerstörung zentrale Bedeutung geben und die Wachstumsdynamik des Kapitalismus einschränken.«
Gabriele Winker
Sabine Hark ↗ / Paula-Irene Villa ↗ (Hg.)
Anti-Genderismus
Sexualität und Geschlecht als Schauplätze aktueller politischer Auseinandersetzungen
»Die Autorinnen und Autoren des Sammelbands erarbeiten schlüssig und anhand prägnanter Beispiele, weshalb die Überwindung einfacher Wahrheiten durch die Beschäftigung mit Gender als soziales Konstrukt eine große Abwehr hervorruft. Der Band ist ein wichtiger Schritt zur Analyse der extremen Ablehnung aus einigen Teilen der Gesellschaft gegenüber dem Gender-Begriff.«
Johanna Lauke, www.kritisch-lesen.de, 11.07.2017
Annette Henninger ↗/ Ursula Birsl ↗ (Hg.)
Antifeminismen
›Krisen‹-Diskurse mit gesellschaftsspaltendem Potential?
»Der Antifeminismus propagiert die ›Natürlichkeit‹ von Geschlecht und eine organische Vorstellung von Gesellschaft mit der herkunftsdeutschen, heterosexuellen Familie als kleinste Einheit. In populistischer Manier werden ›Feministinnen‹ oder ›muslimische Zugewanderte‹ für gesellschaftliche Probleme verantwortlich gemacht.«
Die Herausgeberinnen
Sabine Hark ↗/ Paula-Irene Villa ↗
Unterscheiden und herrschen
Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart
»Anlass für dieses Buch ist die Silvesternacht 2015 in Köln. ›Köln‹ steht für nachhaltige Verschiebungen im gesellschaftlichen Gefüge der Bundesrepublik. Seitdem sehen wir, wie hierzulande und überall in Europa fremdenfeindliche, nationalistische Parteien und Bewegungen die Rhetorik der Gleichberechtigung der Geschlechter nutzen, um Migranten im Allgemeinen und Muslime im Besonderen als rückschrittlich, gewalttätig und also bedrohlich für ›uns‹ darzustellen. Gleichzeitig wurde nach ›Köln‹ sexualisierte Gewalt zum politischen und juristischen Thema, wurden feministische Positionen dazu breit wahrnehmbar. ›Köln‹ steht demnach für höchst ambivalente und irritierende Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart.«
Die Herausgeber*innen
Verena Sperk ↗/ Sandra Altenberger ↗ / Katharina Lux ↗ / Tanja Vogler ↗ (Hg.)
Geschlecht und Geschlechterverhältnisse bewegen
Queer/Feminismen zwischen Widerstand, Subversion und Solidarität
»Das Buch versammelt aktuelle Forschungsarbeiten aus dem Bereich der kritischen Geschlechterforschung und zeigt die Vielfalt der derzeitig verhandelten Fragestellungen im Feld auf. Es entstand aus der Zusammenarbeit von Nachwuchswissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen innerhalb des Doktoratskollegs Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentationen der Universität Innsbruck. Zwar wurde in diesem Zusammenschluss zu sehr unterschiedlichen Inhalten geforscht, doch eint die verschiedenen Arbeiten eine Verortung in queer/feministischen Theorien. Das Buch möchte daher zu einer Reaktualisierung einer queer/feministischen Perspektive innerhalb der Geschlechterforschung beitragen.«
Die Herausgeberinnen
Fremdheiten und Freundschaften
Essays
»Die 20 Essays kreisen um Fragen des Zusammenlebens in einer Welt, die die einzige ist, die wir haben in der einzigen Zeit, die uns bleibt. Sie überschreiten die üblichen Grenzen der Disziplinen und suchen nach mehrdimensionalen Sichten, mit denen auch die feministische Herrschaftskritik in politische Fragen der Pluralität, des Dialogs, der Fremdheit als unserer Existenzbedingung, der Freundschaft als unserer Wahl eingebettet ist – in das Paradox der ›Anfreundung‹ mit einer Welt ›aus den Fugen‹.«
Christina Thürmer-Rohr
Sexueller Exzeptionalismus
Überlegenheitsnarrative in Migrationsabwehr und Rechtspopulismus
»Gabriele Dietze liefert eine gute nachvollziehbare Analyse, die verständlich macht, wie paradoxe Einstellungsmuster sich dennoch gegenseitig stärken, jedoch mittels Intersektionalitätsanalysen ad absurdum geführt werden können. Empfehlenswert!«
WeiberDiwan, Sommer 2020
Max Nicolai Appenroth ↗/ María do Mar Castro Varela ↗ (Hg.)
Trans & Care
Trans Personen zwischen Selbstsorge, Fürsorge und Versorgung
»Ein sehr informatives, ein breites Spektrum von Fragen und Problemen, die sich im Zusammenhang mit trans Care stellen, umfassendes Buch, das ich allen, die sich als trans Personen mit dem Gesundheitssystem auseinandersetzen müssen, und allen, die in diesem Bereich tätig sind, unbedingt empfehle.«
Udo Rauchfleisch, www.socialnet.de 08.09.2020
Gabriele Dietze ↗/ Julia Roth ↗ (eds.)
Right-Wing Populism and Gender
European Perspectives and Beyond
»We chose to publish a collected volume on ›Gender and Right-Wing Populism‹, because it is a politically timely topic. We started out from the observation that gender topics are omnipresent in the increasing conservative and extremist backlash we recently see in many places. The politics range from outright anti-feminism and so-called ›anti-genderism‹ and protests against same-sex marriage, abortion and sex education, to racist arguments that seemingly protect the sexual freedom of (›autochthonous‹) women and gays against allegedly backward Others.«
The editors
Franziska Bergmann ↗/ Franziska Schößler ↗/ Bettina Schreck ↗ (Hg.)
Gender Studies
»In den ca. letzten zwei Jahrzehnten konnten sich die Gender Studies zu einer wesentlichen und innovativen Forschungsperspektive innerhalb einer Vielzahl von Disziplinen entwickeln. Unser Ziel ist es, Studierenden zentrale Ansätze der Geschlechterforschung von der frühen feministischen Theorie bis hin zu jüngsten Überlegungen aus dem Bereich der Queer Studies vorzustellen.«
Die Herausgeberinnen