Die Covid19-Pandemie und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen haben den Kulturbereich, darunter auch die Museen, besonders getroffen. Auf die umfassende Schließung folgten lange Debatten um erneute Öffnung, digitale Alternativen und die gesellschaftliche Rolle von Kultur allgemein. Dabei wurden, wie so oft in der Krise, die bereits bestehenden Probleme noch verschärft und aufgeworfen. Die Situation machte aber auch neue Vermittlungsformate nötig und gab insbesondere der Digitalisierung von Museumsangeboten einen Schub.
Jörn Brunotte rief im Mai 2020 mit der Blogparade unter dem Motto #closedoropen zum Erfahrungsaustausch zwischen den Museen zu ihrem Umgang mit der Pandemiesituation auf. Im Jahr darauf folgte die zweite Blogparade unter dem Motto #museumforfuture, hier wurden spezifischer auch die langfristigen Veränderungen in der Museumslandschaft thematisiert. Der Sammelband ist Ergebnis dieser Auseinandersetzungen und soll sowohl die Erfahrungen festhalten als auch Perspektiven für die zukünftige Arbeit im kulturellen und musealen Bereich aufzeigen.


Die Pandemie hat alle gesellschaftlichen Bereiche getroffen und verändert,
besonders die Rolle von Kultur wird seitdem neu verhandelt (Stichwort
Systemrelevanz).

Wie haben sich die Corona-Pandemie und damit verbundenen Einschränkungen auf die Arbeit in Museen ausgewirkt?
Was waren/sind die größten Herausforderungen?

Die Herausforderungen wurden während der Pandemie wie unter einem Brennglas sichtbar. Ich bin mir darüber bewusst, dass dies eine außergewöhnliche, bisher nicht dagewesene Situation ist, die nicht mit vorhergehenden vergleichbar ist. Diese Pandemie hat die deutsche Museumslandschaft einer umfassenden Prüfung unterzogen. Sie hat ganz grundsätzliche Probleme, die es auch schon vorher gab, so sichtbar gemacht, dass sie nun nicht mehr ignoriert werden können. Es handelt sich hierbei oftmals um Defizite, auf die die Mitarbeitenden, die Leitung und die Museumsverbände schon lange hinweisen, aber mit denen wir zu wenig in der Politik und in der Öffentlichkeit durchgedrungen sind. Das Personal der Museen wurde beständig zurückgefahren oder auf dem Status Quo belassen, dagegen wuchsen die Ansprüche und die Herausforderungen wurden immer vielfältiger. Wenn wir einen wirklichen Wandel im Museum wollen, müssen diese Widersprüche ernst genommen werden und sich Grundsätzliches verändern! Nun ist es Zeit, einen digitalen Wandel, eine stärkere Möglichkeit der Beteiligung, eine Kultur für alle zu schaffen und der Klimakrise zu begegnen.


Welche Möglichkeiten haben sich durch die Krise für eine Neuausrichtung
der Museen aufgetan, insbesondere in Hinblick auf die digitale
Transformation?

Ich hatte den Eindruck, dass nach einer kurzen Phase des Schocks und des Abwartens unglaublich viele Formate der digitalen Vermittlung entstanden sind. Es hat sich aus der Not ein kreativer Schub entwickelt. Dabei ist Vieles entstanden, dass im Nachhinein vielleicht etwas improvisiert wirkt. Aber wer nicht (digital) wagte und nicht ausprobierte war einfach nicht sichtbar. Das führte bei einigen, die der digitalen Vermittlung skeptisch gegenüberstanden, zu einem Umdenken. Und die Museen, die sowieso schon regelmäßig online präsent waren, hatten einen klaren Vorteil. Für mich hat die Krise noch einmal deutlich gemacht, dass man nicht analoge und digitale Vermittlung gegeneinander ausspielen, sondern diese als sich gegenseitig ergänzende Instrumente ansehen sollte.


#closedoropen und #museumforfuture: Der Band ist aus Ihren beiden Blogparaden hervorgegangen und versammelt eine beeindruckende Vielzahl an Stimmen aus
der Museumslandschaft.
Wie hat sich die Zusammenarbeit in der Community verändert und welche neuen
Formen sind dabei entstanden?

Ich würde das etwas anders sehen. Ich würde sagen, dass die gute digitale Vernetzung schon vor der Pandemie dazu geführt hat, sich dann während der Pandemie auszutauschen, ganz grundsätzlich Erfahrungen und Vorgehensweisen abzustimmen. Ein Treffen im realen Raum war nicht ja nicht mehr möglich, da waren die digitale Kontinuität und die meist schon langjährigen Kontakte sehr hilfreich! Schön war es zu sehen, dass viele neue Kolleg*innen den Schritt in die Social Media gewagt haben. Nur so kann es in der Zukunft weitergehen – Vernetzung analog und digital!


Jörn Brunotte (Hg.)

Das Museum in Zeiten der Pandemie
Chancen für das kulturelle Leben der Zukunft

Die Coronakrise hat Auswirkungen auf das gesamte kulturelle Leben und wir wissen mittlerweile: Die Pandemie wird uns noch lange begleiten! Wie steht es nun um die Kultur und die Museen? Was sind die wichtigsten Maßnahmen und Entscheidungen für die Zukunft? Und was sind die neuen Prioritäten in Hinblick auf das Ausstellen, Vermitteln, Sammeln, Bewahren und Forschen? Die Beiträger*innen des Bandes bieten einen Überblick über den Umgang kleiner bis großer Museen in, mit und nach der Krise. Damit geben sie einen aktuellen Einblick ins Museumsmanagement und zeigen gleichzeitig, dass in einer Krise auch das Potenzial für grundsätzliche Veränderungen und neue Perspektiven steckt — man muss es nur mutig und kreativ angehen.