Im Juni erstrahlen Straßen, Häuser und das Internet in den Farben des Regenbogens: Der Pride Month feiert queeres Leben weltweit und setzt ein Zeichen für geschlechtliche und körperliche Selbstbestimmung und gegen die anhaltende Queerfeindlichkeit weltweit.

Der Ursprung dessen, was heute an vielen Orten als ausgelassene Straßenparaden bekannt ist, liegt im New York City des Jahres 1969. Die Proteste im »Stonewall Inn« in der Christopher Street, die maßgeblich von trans Personen und Queers of Color getragen wurden, sind Auftakt für kommende Proteste und gaben den Anstoß für die LGBTQIA+-Bewegung, die besonders im Juni auf Pride-Paraden die Straßen regenbogenfarben erstrahlen lässt, um ein Zeichen für mehr Rechte und Gleichbehandlung zu setzen.

Die Bezeichnung »Pride Month« ist bewusst gewählt, um den Kampf gegen Scham, Stigmatisierung und Ausgrenzung zu signalisieren. Die Pride-Veranstaltungen feiern gesellschaftliche und geschlechtliche Vielfalt und fordern ein Miteinander ein, in dem Differenz angstfrei lebbar ist. Nicht zuletzt weisen sie auf bestehende Ungerechtigkeiten hin und gedenken auch jenen Mitgliedern der LGBTQIA+-Community, die ihr Leben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität verloren haben – sei es durch Gewalttaten, Suizide nach erlebten Diskriminierungen oder auch AIDS-Erkrankungen.

Bezüglich queerfeindlicher Gewalt sind die aktuellen Zahlen alarmierend: Im Jahr 2021 kam es zu 870 homofeindlichen Straftaten und zu 340 transfeindlichen Delikten – bei beiden Werten lässt sich im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von über 50 % beobachten . Neben aktivistischen und zivilgesellschaftlichen braucht es auch wissenschaftliche Antworten auf die anhaltende Gewalt und Feindlichkeit, der sich Queers weltweit entgegensehen.

Queeres Leben und Gender und Queer Studies sichtbar machen das ganze Jahr

In regelmäßigen Neuerscheinungen widmen sich die Autor*innen unseres Programmbereichs »Gender und Queer Studies« den Lebenswelten von Personen im LGBTQIA+-Spektrum aus intersektionalen Perspektiven und tragen so in jedem Monat zur Sichtbarkeit von Queers und queeren Perspektiven auf Gesellschaft und Kultur in und außerhalb der Forschung bei – von der Geschichte der Geschlechterverhältnisse über Beiträge zu Lebenswirklichkeit und Kämpfen von LGBTQIA*-Personen, zu queeren Elternschaften und trans und nicht-binäre Perspektiven auf Care.

Unsere Autor*innen nehmen die Produktion der Zweigeschlechterordnung und der Zwangsheterosexualität in den Blick und fragen nach den Persistenzen und dem Wandel der Geschlechterverhältnisse aus vielfältigen Perspektiven. Sie bieten wichtige Analysen zur Stellung von Gender und Queerfeindlichkeit im globalen Rechtspopulismus und geben Ausblick auf eine Gesellschaft der Vielfalt und Differenz.


Unsere Empfehlungen zum Pride Month und darüber hinaus:

Francis Seeck

Care trans_formieren
Eine ethnographische Studie zu trans und nicht-binärer Sorgearbeit

»Care muss jenseits von Zweigeschlechtlichkeit gedacht und praktiziert werden; und Annahmen von Gender und Für_Sorge komplexer gedacht werden.«

Francis Seeck

Tanja Vogler

Das politische Subjekt des queeren Aktivismus
Diskurs- und Akteurskonstellationen queerer Politiken im deutschsprachigen Raum

»Die Analyse zeigt, dass der aktuelle queere Aktivismus auf identitätspolitische Schließungen antwortet, indem beispielsweise Affekte, Prekarität oder Mehrfachidentitäten eingesetzt werden. Sie verweist aber auch darauf, dass politische Praxis immer komplex und ambivalent ist.«

Tanja Vogler

Max Nicolai Appenroth / María do Mar Castro Varela (Hg.)

Trans & Care
Trans Personen zwischen Selbstsorge, Fürsorge und Versorgung

»Ein sehr informatives, ein breites Spektrum von Fragen und Problemen, die sich im Zusammenhang mit trans Care stellen, umfassendes Buch, das ich allen, die sich als trans Personen mit dem Gesundheitssystem auseinandersetzen müssen, und allen, die in diesem Bereich tätig sind, unbedingt empfehle.«

Udo Rauchfleisch, www.socialnet.de, 08.09.2020

Martin J. Gössl

Unbehaglich Queer
Das ernste Spiel mit der Anerkennung

»Die unbehagliche Perspektive auf den queeren Alltag des post-modernen, virtuell-vernetzten Menschen.«

Martin J. Gössl

Yener Bayramoglu / María do Mar Castro Varela

Post/pandemisches Leben
Eine neue Theorie der Fragilität

»Bayramoglu und Castro Varelas neue Theorie der Fragilität [stellt] einen wichtigen Denkanstoß dar, mit dem sie der Fatalität sicherheitsversprechender Proklamationen zum Trotz den Blick für die Unhintergehbarkeit der Fragilität menschlichen Lebens in all seiner weltlichen Verbundenheit schärfen.«

Tillmann Schorstein, KULT_online, 65 (2022)

Sarah Charlotte Dionisius

Queere Praktiken der Reproduktion
Wie lesbische und queere Paare Familie, Verwandtschaft und Geschlecht gestalten

»Familie ist mitunter ein Grenzprojekt, Verwandtschaft immer eine Herstellungsleistung und es gibt mehr als zwei Elterngeschlechter!«

Sarah Charlotte Dionisius

Carolin Küppers / Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hg.)

Refugees & Queers
Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken

»LSBTTIQ-Geflüchtete kommen in den hegemonialen medialen und politischen Debatten zum Thema Flucht, Migration und Asyl in Deutschland kaum vor. Aus diesem Grund bereiten die Beiträge des Bandes in vielfältiger und differenzierter Weise den Boden für einen emanzipativen Diskurs über LSBTTIQ-Geflüchtete und befassen sich mit Forschungsethik, partizipativen Erhebungsmethoden, medialen Repräsentationen, intersektionalen Erfahrungen sowie konkreten Bedarfen in Erstunterbringung und Asylverfahren.«

Die Herausgeber*innen

Adrian de Silva

Negotiating the Borders of the Gender Regime
Developments and Debates on Trans(sexuality) in the Federal Republic of Germany

»The book consistently shows how the (re-)production of socially acceptable genders and historically-specific regulations of homosexuality presupposed the marginalisation and discrimination of trans, evoking resistance in their wake.«

Adrian de Silva

Anna T.

Opacity – Minority – Improvisation
An Exploration of the Closet Through Queer Slangs and Postcolonial Theory

»The closet can be reparatively read – through language – as a spatiotemporal event that fosters resistance, community, and empowerment.«

Anna T.

Stefan Heissenberger

Schwuler* Fußball
Ethnografie einer Freizeitmannschaft

»Stefan Heissenberger ist ein substantieller Beitrag zur Bedeutung von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung im Amateurfußball gelungen, der fundierte Einblicke in Konstruktion und Aushandlung schwuler und heterosexueller Männlichkeit(en) bereitstellt.«

Hans Berner, H-Soz-u-Kult, 06.12.2018