Elke Gaugele ↗/ Sarah Held ↗ (Hg.)
Rechte Angriffe – toxische Effekte ↗
Umformierungen extrem Rechter in Mode, Feminismus und Popkultur
»Der Band liefert Grundlagen für eine antifaschistische, feministische und antirassistische Diskurs- und Bildungsarbeit. Er befähigt Leser*innen, die kulturelle Gewalt ideologischer Versatzstücke zu dekodieren und die komplexen wie folgenreichen Zusammenhänge, die die extreme Rechte mittels uneindeutiger Zeichen, Bilder, Dinge und Narrative produziert, einzuordnen.«
Die Herausgeberinnen
Rechtsextreme Mode als Beitrag zur Identitätsbildung
Die extreme Rechte nutzt Moden und Styles als ein kulturelles Material, um Äquivalenzketten zu bilden. In Anlehnung an Kobena Mercer wird die rechtsextreme Mode genutzt, um politische Forderungen nach autoritären Formen und Abschottungen verstärken. Der Dresscode soll »unerbittlich zur Gewalt gegen alle führen, die aus diesem Diskurs verdrängt – und zu Außenstehenden und undenkbaren Anderen gemacht werden«.
Styles tragen zur Entstehung jener (Gruppen-)Identitäten bei, die negative und positive Reaktionen auf andere Gruppen, Ideen und Ereignisse in bestimmte Richtungen befördern. Mit ihrer Mehrdeutigkeit und »neuen Unübersichtlichkeit« operieren aktuelle rechtsextreme Styles mit einer doppelten Syntax. Sie spielen gewalttätige, autoritäre, weiß-suprematistische, nationalistische und rassistische Ideologien herunter, verschleiern diese, um sie gleichzeitig nach innen wie nach außen zu mobilisieren und zu befördern.
Die Sprache der Mode
Die Sprache der Mode produziert rechtsextreme Codes und bettet die Gewalt ihrer Botschaften in die »mythologische Ordnung« der Mode ein. Diese neutralisiert die Gewalt ihrer Agenden, kommodifiziert und popularisiert sie als Mode. Stuart Hall war sich der doppelten Syntax der zeitgenössischen Kultur genau bewusst, als er den »janusköpfigen Charakter« der Signifikanten von kultureller Differenz und Ethnizität diagnostizierte. Beide können ihm zufolge sowohl in ihren eingeschränkten, einheitlichen, geschlossenen, absolutistischen, defensiven und essenzialistischen Formen auftreten wie auch als ein lockereres, durchlässigeres und poröseres »Geflecht von Unterschieden«. Rechtsextreme Gruppen und die sogenannte Neue Rechte arbeiten an der Normalisierung und Popularisierung dieses autoritären Modells, indem sie die Beziehung zu »Anderen« fixieren und so degradieren, dass diese zum Objekt symbolischer Gewalt werden.
Als Mittel kultureller Gewalt ist die Sprache der Mode Teil dieser Bestrebungen und eines von der Friedens- und Konfliktforschung beschriebenen Dreiecks, in dem direkte, strukturelle und kulturelle Gewalt zueinander in Beziehung stehen. Habermas diagnostizierte bereits Mitte der 1980er Jahre den Zeitgeist der »neuen Unübersichtlichkeit«. Er bezog sich auf die »Erschöpfung utopischer Energien« einer Zeit, in der der von der sozialen Arbeit gelenkte Wohlfahrtsstaat seine Macht zu verlieren begann und ihn neoliberale ökonomische Logiken ablösten. Diese Dynamik charakterisiert das Phänomen bis heute.